Es ist schon eigenartig, aber manchmal kommen selbst mir noch neue Aspekte der Zahlen von Wörgl unter. Da hatte ich, ohne es zu hinterfragen, die Angabe von Fritz Schwarz über die ersten 1000 Schillinge, welche nach drei Tagen nachdem sie als Zahlung an die Gemeindebediensteten ausgegeben worden waren als Steuerzahlungen von 5100 Schillingen wieder in der Gemeindekasse aufschienen, akzeptiert.
Da ja mindestens 3 Weitergaben dieses Geldes dazwischen liegen mussten (Empfänger-Kaufmann-Kasse) mit der Annahme von mindestens gleich vielen dazwischen, weil das Geld erst einmal jemand erreichen musste, der Steuerschulden hatte und nichts besseres damit vorhatte als Steuern zu zahlen, errechnete ich damit eine Umschlaghäufigkeit für die drei Tage, die aber völlig falsch und viel zu niedrig war. Warum?
Weil ich fälschlich die 1000 Schilling Löhne als im Umlauf befindlich annahm. Was macht aber jemand und besonders ein Beamter mit seinem Lohn? Er teilt ihn sich ein für das ganze Monat, gibt also im Durchschnitt in drei Tagen nur ein Zehntel des Geldes für die 30 Tage des Monats aus. Damit verändert sich aber die Rechnung gewaltig, denn da waren womöglich nur 100 Schilling im Umlauf um die 5100 Schilling Zahlungen an die Gemeindekasse während der ersten drei Tage zu bewerkstelligen. Eine gigantische Umlaufgeschwindigkeit von mindestens 153 bis etwa 500 mal in drei Tagen.
Das ist so unwahrscheinlich, dass anzunehmen ist, dass die Gemeindebediensteten doch mehr ihres Geldes in den ersten drei Tagen ausgegeben hatten. Sie bekamen ja nur die Hälfte ihres Lohnes in Wörgler Geld und gaben das sicherlich zuerst aus. Deshalb schätzte ich die Summe auf 300. Man kann auch annehmen, dass diese Geschwindigkeit nicht das ganze weitere Jahr so hoch war aber eine Umlaufgeschwindigkeit des Wörgler Geldes von nur 500 mal im Jahr ist da wohl kaum mehr zu halten. Damit ist aber auch erklärlich warum es das Wunder von Wörgl genannt wurde. Acht mal im Jahr lief damals das Geld der Nationalbank im Jahr um und das Wörgler Geld? Wer weiß es wirklich? 1000 mal? 2000 mal? Die bisher angenommenen 500 mal stimmen jedenfalls nicht. Die wurden womöglich schon in den ersten drei Tagen für die Geldscheine erreicht, die dann im Umlauf waren. Daß diese mögliche Umlaufgeschwindigkeit nicht immer und automatisch so hoch ist, hängt aber dann nicht vom umlaufgesichertem Geld ab, sondern von der Verfügbarkeit von Waren und Dienstleistungen auf dem Markt und niemand kann Geld schneller bewegen als er es einnimmt und jeder kann sein eingenommenes Geld nur einmal ausgeben..
Umlaufgesichertes Geld räumt alle auf dem Markt verfügbaren Waren und Dienstleitungen von diesem. Mehr kann es dann nicht mehr tun und mehr wird auch nicht von ihm verlangt. Dann kann die Umlaufgeschwindigkeit wieder sehr langsam sein.
Was zeigt uns diese Erkenntnis der wahrscheinlich sehr hohen Umlaufgeschwindigkeit der ersten Tage in Wörgl? Sie zeigt uns, dass so eine Umlaufgeschwindigkeit möglich ist bei umlaufgesichertem Geld Das heißt aber dass die Geldmenge sehr klein gehalten werden kann und gehalten werden muß. Einfach das existierende Geld umlaufzusichern geht nicht und würde eine Hyperinflation auslösen. Es zeigt uns aber auch, dass so ein schnell umlaufendes Geld keinen Ersatz durch Kredit oder Guthabentransfer braucht. Deren wahre Kosten, die viel höher sind als einfache Bargeldübergabe bei einem Kauf werden dann offenkundig und sie werden daher viel von ihrer derzeitigen Bedeutung verlieren und nur bei großen Summen überhaupt noch verwendet werden.
Im Gegensatz zum Wörgler Geld werden die Gogos ja kaufkraftstabil sein und weder Inflation noch Deflation kennen. Es macht daher keinen wirtschaftlichen Sinn sie zurückzuhalten.
Das Wörgler Geld wurde par zum Nationalbankgeld gehalten, welches zu dem Zeitpunkt etwa 7% im Jahr wegen Deflation mehr wert wurde. Das Wörgler Geld wurde also auch so viel mehr wert und darum machte die 12% Umlaufgebühr eigentlich nur 5% aus, wie bei den Gogos. Das ist auch ein Beweis dafür, dass eine Gebühr in dieser Höhe ausreichend ist.
Die Gogos sind ein schneller umlaufender Ersatz für das Nationalbankgeld als Bargeld. Ist dieses in einer Deflation verschwindet es vom Markt aber auch sein "so genanntes" Buchgeld tut das. Die Gogos können beides ersetzen. Das Wörgler Geld hat das auch getan. Es konnte allerdings nicht alle verfügbaren Waren vom Markt räumen, weil die Ausbreitung des Wörgler Geldes verhindert wurde durch den Rechtsstreit mit der Nationalbank, der alle, die bereit waren mitzumachen verunsicherte und zum abwarten veranlasste.
Obwohl dann beim Verbot Stimmen laut wurden trotzdem weiter zu machen, musste die weisungsgebundene Gemeinde das Experiment beenden.
Ein neues solches Experiment sollte daher ohne Regierungsamt gemacht werden.